Mittelalterliches Schmuckstück mit moderner Nutzung
Oft ist vom finsteren Mittelalter die Rede – in Frankfurt am Main können Sie die prächtige Seite dieses Zeitalters bestaunen. Das opulente Fachwerkhaus „Zur Goldenen Waage“ ist Teil der Altstadt-Rekonstruktion. Beim originalgetreuen Wiederaufbau achtete man auf jedes Detail. Dazu zählen neben den unzähligen Verzierungen auch historische Baustoffe wie Lehm. Im Inneren hatte man freiere Hand. Nutzung und Technik wurde an unsere Zeit angepasst – wobei sich der Baustoff Lehm ebenfalls bewehrte.
Originalgetreue Rekonstruktion – in wiederaufgebauter Altstadt
Die Frankfurter Altstadt wurde im Zweiten Weltkrieg weitestgehend zerstört. In den 1970er Jahren entstand auf der Fläche das Technische Rathaus. Nun wird die historische Stadtstruktur wieder hergestellt – mit einer Mischung aus modernen Gebäuden, die sich an der historischen Substanz orientieren und originalgetreuen Rekonstruktionen.
Das Fachwerkhaus „Zur Goldenen Waage“ ist eins der wiederaufgebauten Häuser. Der vermögende niederländische Zuckerbäcker und Gewürzhändler Abraham von Hameln ließ es 1619 als repräsentatives Wohn- und Handelshaus errichten. Das Architekturbüro Jourdan & Müller Steinhausen hat das Gebäude anhand alter Fotos und Zeichnungen rekonstruiert.
Historische Baumaterialien – für modernen Wiederaufbau
Das Wort detailgetreu können Sie dabei ruhig wörtlich nehmen. Blumen, Blätter und Früchte ranken sich am Holzfachwerk entlang. Bunt bemalte griechische Götter und biblische Gestalten schauen auf Sie hinunter. Natürlich darf auch die namensgebende goldene Waage nicht fehlen. Dazu gesellen sich vergoldete Ornamente und Schnitzereien im Fachwerk.
Doch nicht nur die Gestaltung ist originalgetreu. Für das Fachwerk wurden jahrhundertealte Eichenbalken verwendet. Die Gefache wurden wie zu Zeiten der ursprünglichen Erbauung mit Lehmsteinen ausgemauert. Die Innenwände wurden mit Lehm verputzt.
Neue Nutzung – mit Bezug zum ersten Erbauer
Doch das Fachwerkhaus ist keine 1:1-Kopie. Zu viel war verloren oder nicht mehr zeitgemäß. Es ist ein sogenannter schöpferischer Nachbau. Das zeigt sich beispielsweise an einer modernen Heiztechnik mit Wandheizungen, die in den Lehmputz integriert ist.
Heute können Sie in den oberen Etagen im Museum die Lebenswirklichkeit aus der Zeit der Erbauung nachempfinden. Im Erdgeschoss lädt Sie ein Café zum Verweilen ein – passend im ehemaligen Haus eines Zuckerbäckers. Hier entdecken Sie bunte Deckenmalereien. Es ist bekannt, dass auch im Original die Decken bemalt waren, aber es war keine Information darüber vorhanden, wie diese Gemälde aussahen. Also anders als an der Fassade wurden die Malereien nicht nachempfunden, sondern von aktuellen Künstlern gestaltet. So wird Geschichte nicht nur bunt – sondern bleibt lebendig.
Fotos ©DomRömer GmbH/Uwe Dettmar
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Holzfachwerk mit Lehmsteinen gehört zu den gängigsten historischen Fachwerkkonstruktionen. Es nutzte nicht nur lokale Baustoffe, sondern macht auch bauphysikalisch Sinn. Der Lehm reguliert die Feuchtigkeit in der Konstruktion und schützt so das Holz.
Diese Eigenschaften machen Holz und Lehm auch heute zu einer intelligenten Kombination. Für den Wiederaufbau des Hauses zur Goldenen Waage wurden knapp 5.000 Lehmsteine in zwei unterschiedlichen Rohdichten verwendet.
Auch die Kombination Lehmputz und Wandheizung ist ideal und zeitgemäß. Der Wärmespeicher Lehm gibt die angenehme Strahlungswärme langsam und gleichmäßig ab. Das wärmt nicht nur angenehm, sondern hilft auch Menschen mit Allergien, da keine Luftbewegungen entstehen, die Staub aufwirbeln.
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